BU: Immer mehr Unternehmen aus Produktion und Logistik denken über eine Modernisierung ihrer Anlagen (Retrofit) nach, denn in vielen Fällen schafft dies die Grundlage für die Integration neuer (digitaler) Technik oder die Umsetzung veränderter Prozesse. Foto: UNITECHNIK

Immer mehr Unternehmen aus Produktion und Logistik setzen auf Retrofit-Projekte, um ihre Logistikanlagen zukunftssicher zu gestalten. Die Unitechnik Systems GmbH hat über 100 Betriebe befragt – mit einem klaren Ergebnis: 53 % der Unternehmen planen innerhalb der nächsten fünf Jahre in die Modernisierung ihrer Bestandsanlagen zu investieren.

Herausforderungen durch Digitalisierung und veraltete Technik

Ältere Logistikanlagen stoßen zunehmend an technische und wirtschaftliche Grenzen. Die Ursachen: Digitalisierung der Geschäftsprozesse, fehlende Kompatibilität moderner Hard- und Software, häufige Störungen sowie Ersatzteilprobleme. So geben 69 % der Befragten die eingeschränkte Ersatzteilversorgung als Hauptmotiv für ein Retrofit an, 51 % nennen steigende Störanfälligkeit. Für 38 % sind Digitalisierung und Vernetzung zentrale Treiber. Auch unabhängig von Industrie 4.0 ist die Anlagenmodernisierung ein entscheidender Schritt zur Zukunftssicherung.

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Vorbereitung und Bedarfsanalyse als Grundpfeiler erfolgreicher Retrofit-Projekte

Ein erfolgreicher Retrofit beginnt mit einer detaillierten Bestandsaufnahme und präzisen Bedarfsdefinition. Der häufigste Vorbehalt gegenüber einem Retrofit ist die Angst vor Betriebsstörungen (82 %). Umso wichtiger ist die Auswahl eines erfahrenen Partners mit fundierter Kompetenz in IT, Software und Steuerungstechnik. Denn gerade diese Bereiche sind entscheidend, um Bestandsanlagen auf ein modernes und zukunftsfähiges Level zu bringen.

Ziele eines Retrofit: Lebensdauerverlängerung, Produktivität, Kostensenkung

Laut Unitechnik-Studie ist das vorrangige Ziel eines Retrofits die Verlängerung der Anlagenlebensdauer (78 %). Dahinter folgen betriebswirtschaftliche Motive: 64 % erwarten eine Steigerung der Produktivität, 37 % möchten die Betriebskosten senken und 36 % den Personalbedarf reduzieren. Angesichts des Fachkräftemangels ist der Wunsch nach automatisierten, wartungsarmen Prozessen verständlich. Zukunftsthemen wie Ergonomie oder Datenanalyse spielen derzeit eine untergeordnete Rolle, werden aber laut Einschätzung von Unitechnik künftig stark an Bedeutung gewinnen.

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Worauf es bei der Wahl des richtigen Partners ankommt

Die Wahl eines qualifizierten Retrofit-Partners ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Gefordert sind nicht nur technologische Kompetenz, sondern auch Prozessverständnis, transparente Kommunikation und ein eingespieltes Projektteam. 65 % der Befragten legen höchsten Wert auf störungsfreie Abläufe während der Umsetzung, 60 % auf die Qualität der Projektrealisierung. Ein günstiger Preis spielt für lediglich 25 % eine relevante Rolle – die Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit des Gesamtergebnisses stehen im Fokus.


Grafik: UNITECHNIK

Migrationskonzept und Testumgebung als Schlüssel zur Projektsicherheit

Ein Retrofit muss im laufenden Betrieb umgesetzt werden – ohne längere Stillstände. Hierfür braucht es ein durchdachtes Migrationskonzept: Entweder als kompletter Systemwechsel im „Big Bang“-Ansatz oder in mehreren Teilprojekten. Entscheidend ist eine detaillierte Planung sämtlicher Abläufe.

Ein digitales Abbild der Anlage – ein sogenannter digitaler Zwilling – ermöglicht es, Steuerungssoftware und Schnittstellen im Vorfeld realitätsnah zu testen. Mithilfe dieser Emulation können Prozesse simuliert, Mitarbeitende geschult und Risiken minimiert werden. Das reduziert nicht nur die Umstellungszeit, sondern erhöht auch die Betriebssicherheit deutlich.

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Energieeffizienz als zusätzlicher Hebel im Retrofit

Ein weiteres zentrales Ziel vieler Retrofit-Maßnahmen ist die Senkung des Energieverbrauchs. Laut Studie wird dies als doppelte Chance gesehen: Verbesserung der Umweltbilanz und Reduktion der Betriebskosten. Umgesetzt wird dies z. B. durch moderne Antriebskonzepte, Rückspeiseeinheiten, Energiemanagementsysteme oder optimierte Betriebsmodi in Schwachlastzeiten. Auch die mechanische Auslegung spielt eine Rolle – alte, schwere Geräte bieten ein hohes Einsparpotenzial beim Austausch.

Sicherheitsanforderungen im Kontext der neuen EU-Maschinenverordnung

Mit dem Inkrafttreten der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 müssen auch Retrofit-Projekte gesetzeskonform umgesetzt werden. Kommt es zu einer „wesentlichen Änderung“ der Anlage, erlischt die CE-Kennzeichnung. Das bedeutet: Die Anlage muss neu in Verkehr gebracht werden – mit allen Anforderungen an eine vollständige CE-Zertifizierung. Ein frühzeitig eingebundener, unabhängiger Sicherheitsexperte hilft dabei, diesen Aufwand zu vermeiden und die Normenkonformität der Modernisierungsmaßnahme sicherzustellen.

Fazit: Retrofit als strategische Investition in die digitale Zukunft

Retrofit ist mehr als nur der Austausch veralteter Komponenten. Unternehmen, die ihre Logistikanlagen gezielt modernisieren, schaffen die Grundlage für höhere Effizienz, geringeren Energieverbrauch und zukunftsorientierte Digitalisierung. Entscheidend für den Projekterfolg sind ein maßgeschneidertes Migrationskonzept, belastbare Testumgebungen und ein erfahrener Partner mit Prozessverständnis. Nur so wird aus einer notwendigen Investition ein echter Wettbewerbsvorteil – und aus Retrofit ein strategischer Hebel für nachhaltiges Wachstum in der Intralogistik.