BU: Containerschiff auf See: Derzeit stauen sich in mehreren Nordseehäfen Schiffe. Christ Linnett / unsplash

Zu Beginn der Sommerferien sind es nicht nur Autofahrer, die unter verstopften Verkehrswegen leiden. Auch die maritime Logistikbranche ist massiv betroffen: Unternehmen beklagen den Lieferkettenstau Nordseehäfen und – damit verbunden – erhebliche Verzögerungen in der Containerabfertigung an bedeutenden Nordseehäfen wie Rotterdam, Antwerpen, Le Havre, Bremerhaven und Hamburg. Zwei zentrale Ursachen beeinflussen die aktuelle Situation: eine restriktive US-Zollpolitik und der niedrige Wasserstand des Rheins.


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Längere Liegezeiten: Hafenlogistik am Limit

Die durchschnittliche Liegezeit von Containerschiffen beträgt derzeit bis zu fünf Tage. „Die durchschnittliche Liegezeit der Schiffe an einigen Häfen betrage derzeit zwischen drei und fünf Tagen“, berichtet Patrick Merkel, Gründer und Managing Partner der EMA Group. Zusätzlich erschweren Personalknappheit und Ereignisse wie Streiks in Antwerpen den reibungslosen Ablauf. „Gleichzeitig gelingt es im Hinterlandverkehr oft nicht, bestehende Rückstaus zügig abzubauen“, so der Logistikexperte. Eine kurzfristige Verbesserung sei laut Merkel unwahrscheinlich: Er geht davon aus, dass eine Entspannung der Lage vor Oktober dieses Jahres „eher unwahrscheinlich“ ist.


Lieferkettenstau Nordseehäfen
Setlog-Geschäftsführer Ralf Düster: „Vorausschauend agierende Unternehmen haben längst neue, agile Strategien aufgebaut, ihre Lieferketten digitalisiert und sich auf die volatile Welt von morgen eingestellt“. Foto: Setlog

US-Zollpolitik zwingt Reeder zu neuen Routen

Ein weiterer Treiber für die Staus ist die Änderung in der internationalen Handelspolitik. „Die US-Zollpolitik führt dazu, dass Reeder sich neue Netzwerke für ihre Handelswege aufbauen. Produkte aus Asien, die ursprünglich die USA als Ziel hatten, werden auf Standorte in Europa umgeleitet“, betont Ralf Düster, Geschäftsführer der Setlog GmbH. Die Software des Bochumer Unternehmens wird von mehr als 150 Marken zur Steuerung globaler Lieferketten eingesetzt. Diese Umverteilung führt zu zusätzlicher Belastung der europäischen Häfen.


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Niedrigwasser am Rhein blockiert Binnenschiffe

Parallel dazu leidet der Binnenschiffsverkehr unter den Folgen ausbleibender Niederschläge im Frühjahr. Binnenschiffe auf dem Rhein müssen sich an Beladebeschränkungen halten, da die Pegelstände zu niedrig sind, um eine volle Auslastung zu ermöglichen. Das reduziert die Transportkapazitäten im Hinterland erheblich und verzögert die Containerabholung.

Deutschland im Vergleich: moderat betroffen

In Deutschland stellt sich die Situation bislang etwas entspannter dar als in den Nachbarländern. Ein Sprecher von Hafen Hamburg Marketing bestätigte gegenüber Medien: Die Situation in der Hansestadt sei nicht so prekär wie in Rotterdam oder Antwerpen, jedoch würden sich „die Verzögerungen zum Teil fortpflanzen“.


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Lieferkettenstau Nordseehäfen: Wo stehen die Häfen wirklich?

Eine aktuelle Auswertung der Setlog GmbH zum Lieferkettenstau Nordseehäfen zeigt konkrete Zahlen: Im ersten Halbjahr 2025 lagen die Laufzeiten in Hamburg durchschnittlich nur 0,5 Tage über dem Vorjahresniveau. In Rotterdam dagegen betrugen die Abweichungen 4,5 Tage. Für diese Analyse am 16. Juli wurden rund 10.000 Sendungen von 25 Kunden ausgewertet. „In Hamburg hat der Nachlauf die Werte verbessert“, erläutert Setlog-Geschäftsführer Düster. „Dank digitaler Tools zur Echtzeit-Verfolgung der Sendungen wie etwa Shippeo und intelliWay haben Logistikdienstleister die Möglichkeit, auf Störungen zu reagieren. Grundsätzlich haben Unternehmen, die Transparenz in ihrer Lieferkette haben, einen klaren Vorteil gegenüber dem Wettbewerb.“

Reedereiallianzen im Umbruch: Auswirkungen auf Terminalverfügbarkeit

Eine zusätzliche Herausforderung ergibt sich durch die Neuordnung internationaler Reedereiallianzen. In der Vergangenheit teilten sich große Reedereien Schiffe, Routen und Terminals. Diese Allianzen werden nun aufgelöst. Ein Beispiel: Die Kooperation zwischen MSC und Maersk endete Anfang 2025. „Vieles ist in Umplanung, es gibt neue Fahrpläne oder Terminalwechsel“, berichtet Düster. Große Investitionen zur Kapazitätserweiterung erwartet er jedoch nicht: „Das ist enorm teuer und dauert zudem Jahre.“

Strategische Resilienz: Lieferketten neu gedacht

Die aktuelle Situation erinnert viele Unternehmen an die Engpässe während der Corona-Pandemie. „Die Unternehmen haben aus der Vergangenheit gelernt, insbesondere als Covid-19 Produktionsprozesse tagelang lahmlegte oder zeitweise für leere Regale im Handel sorgte“, erläutert Düster. Heute setzen viele Firmen auf neue Einkaufsstrategien, höhere Sicherheitsbestände und angepasste Lieferzeiten.

Das unterstreichen auch Setlogs Kundendaten. „Vorausschauend agierende Unternehmen, die sich in der Vergangenheit auf planmäßige Lieferungen verlassen konnten, haben längst neue, agile Strategien aufgebaut, ihre Lieferketten digitalisiert und sich auf die volatile Welt von morgen eingestellt“, so Düster.

Über Setlog

Die Setlog GmbH ist ein Anbieter von Supply Chain Management (SCM)-Lösungen. Zentrales Produkt ist die cloudbasierte Software OSCA mit den Modulen Purchase Order Management, SRM, Global Logistics, CSR und Quality Control. Mehr als 150 Marken aus den Bereichen Bekleidung, Elektronik, Nahrungsmittel, Konsumgüter und Hardware nutzen OSCA zur Optimierung ihrer globalen Lieferketten. Mit über 40.000 Nutzern in 92 Ländern zählt Setlog zu den führenden SCM-Softwareanbietern weltweit. Weitere Informationen: www.setlog.com