BU: Der H2-Trust Nachhaltigkeitsnachweis gilt als Ausgangspunkt für mehr Transparenz im Energiesektor. Foto: Mehrzeiler/Thomas Willemsen
H2-Trust Nachhaltigkeitsnachweis steht für einen technologischen Ansatz, der den Nachweis von Herkunft, Qualität und Nachhaltigkeit von Wasserstoff datenbasiert, interoperabel und nachvollziehbar gestaltet. Grüner Wasserstoff gilt in der Energiepolitik als eine zentrale Komponente der Dekarbonisierung und soll in Deutschland sowohl durch heimische Elektrolysekapazitäten als auch über internationale Importe bereitgestellt werden. Diese hybride Strategie führt jedoch zu komplexen Lieferketten, in denen Energieerzeuger, Wasserstoffproduzenten, Logistikunternehmen, Zertifizierungsstellen und Endanwender auf verlässliche Informationen angewiesen sind. Die Europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie formuliert klare Anforderungen, die bis 2030 erfüllt sein müssen. Für die Praxis stellt sich dabei die grundlegende Frage, wie Nachhaltigkeit in einem global vernetzten Markt rechtssicher, überprüfbar und effizient nachgewiesen werden kann.
Ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML adressiert diese Herausforderung im Projekt DUH-IT mit der Entwicklung von H2-Trust. Die Lösung verfolgt das Ziel, Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette in einem digitalen Produktpass abzubilden und damit sowohl regulatorische Vorgaben als auch die Anforderungen heterogener Marktakteure zu berücksichtigen. Erste Module wurden nun als Open-Source-Software veröffentlicht und stehen allen Interessierten zur Verfügung. Sie bilden die Grundlage für eine transparente Nachweisführung und machen zentrale Datenpunkte wie Anlageninformationen, Produktionsmengen oder Emissionswerte digital überprüfbar. Die Speicherung erfolgt über eine Blockchain-Architektur, die Manipulationen technisch erschwert und eine fälschungssichere Dokumentation ermöglicht.
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H2-Trust Nachhaltigkeitsnachweis als Baustein der Energiewende
Bis zum geplanten Projektabschluss im Jahr 2027 wird die Lösung schrittweise erweitert. Geplant ist eine Abbildung aller relevanten regulatorischen Anforderungen, einschließlich neuer Vorgaben, die in den kommenden Jahren in Kraft treten. Darüber hinaus sollen Funktionen für zusätzliche Akteure entstehen, die einen gesicherten und nachvollziehbaren Austausch von Daten entlang der Lieferkette ermöglichen. Aufgrund des offenen Entwicklungsansatzes bleibt das System auch über das Projekt hinaus verfügbar und kann von Unternehmen, Forschungseinrichtungen oder Behörden eigenständig weiterentwickelt werden.
Prof. Michael Henke, Institutsleiter am Fraunhofer IML, beschreibt die Bedeutung dieser Entwicklung prägnant: „Mit H2-Trust schaffen wir die technologische Basis für transparente und vertrauenswürdige Datenflüsse entlang der Wasserstofflieferkette – und damit die Voraussetzung für eine glaubwürdige Energiewende.“
Damit verweist der Wissenschaftler auf den Kern der Herausforderung: Ohne klare Nachweismechanismen bleibt die Einordnung von Wasserstoffqualitäten schwierig, insbesondere in internationalen Märkten, in denen Herkunftsnachweise und Emissionsdaten häufig nicht einheitlich dokumentiert werden.
Um den Wissenstransfer zu stärken, initiierte das Fraunhofer IML den Transferkreis »BlockcH2ain«. Dort wurden am 3. Dezember erste Forschungsergebnisse vorgestellt. Der Kreis dient dem Austausch zwischen Entwicklern, Anwendern und Organisationen, die sich aktiv in die Weiterentwicklung einbringen möchten. Die Beteiligung von Unternehmen unterschiedlicher Wertschöpfungsstufen soll dabei helfen, praxistaugliche Funktionen zu entwickeln und Bedürfnisse der Anwender frühzeitig zu berücksichtigen.
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Offene Entwicklungen im Kontext der Lieferkettentransparenz
H2-Trust steht im Zusammenhang mit weiteren Open-Source-Initiativen des Fraunhofer IML, die Transparenz in globalen Wertschöpfungsnetzwerken verbessern sollen. Projekte wie »ForestGuard« und »GreenComplAI« adressieren ähnliche Herausforderungen in anderen Branchen und zeigen, dass offen zugängliche Werkzeuge die Grundlage für interoperable Lösungen bilden können. Diese Entwicklungen unterstützen Branchen dabei, Datenqualität zu erhöhen, regulatorische Vorgaben zu erfüllen und neue Formen digitaler Dokumentation zu etablieren.
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Einordnung in das Projekt DUH-IT und regionale Bedeutung
H2-Trust wird im Rahmen des Projekts »DUH-IT – Blockchain in der Logistik: Innovationstransfer für die Modellregion Dortmund–Unna–Hamm« entwickelt. Das Projekt wird aus dem EFRE/JTF-Programm NRW mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Fraunhofer IML und die Technische Universität Dortmund unterstützen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei, Potenziale der Blockchain-Technologie für praktische Anwendungen zu erschließen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung eines blockchainbasierten digitalen Produktpasses für grünen Wasserstoff. Dieser soll eine Lieferkette ermöglichen, deren Nachhaltigkeit vollständig nachvollzogen werden kann – ein wichtiger Baustein für den Übergang zu erneuerbaren Energiesystemen.




